
von Thies Lesch
Es ist offensichtlich, dass in den letzten Jahren (um nicht zu sagen Jahrzehnten!) eine übermäßige Verwendung von PowerPoint zu beobachten ist. Dies ist sowohl auf die Nachfrage („Können Sie mir bitte ein paar prägnante Folien dazu erstellen?“) als auch auf das Angebot („Es ist schneller und einfacher, eine Idee visuell darzustellen anstatt einen langen Text zu schreiben“) zurückzuführen.
Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass wir uns im Arbeitsalltag im Büro nicht mehr ohne PowerPoint zurechtfinden und die Nutzung hat ungewollte Ausmaße angenommen, so dass zu befürchten ist, dass Textverarbeitung fast keinen Raum mehr hat, zwischen E-Mail-Kommunikation und Präsentationen.
Allerdings sind viele „Präsentationen“ auch einfach nur schlecht strukturierte Texte und man hat oftmals das Gefühl, dass lediglich das Korsett von Satzbau und Struktur abgestreift werden sollte und eine Präsentation oder Vorstellung des Inhaltes gar nicht das eigentliche Ziel des Werkes sind.
Viele kennen vermutlich die Legende zum Absturz des Spaceshuttles Columbia, der auf PowerPoint zurück geführt wird.
Ein passender Beitrag dazu findet sich hier: Death by PowerPoint: the slide that killed seven people (auf Englisch)

Diese Folie demonstriert, wie warnende Informationen zu den Hitzeschildkacheln verkürzt und relativiert wurden. In der anschließenden Diskussion wurde das Risiko als geringer eingeschätzt, als es tatsächlich war. Die Folge kennen wir.
Es ist sicherlich anzunehmen, dass niemand absichtlich oder in Kenntnis darüber versucht hat, den Absturz herbeizuführen. Trotzdem hat die Darstellung dazu geführt, dass die Diskussion in die falsche Richtung gelenkt wurde oder zu oberflächlich geführt wurde. Ob der Ingenieur, der für diese Präsentation verantwortlich war, andere Ziele (wie etwa den Starttermin zu halten oder die Wartungskosten zu begrenzen) aus einem anderen Kontext hatte, bleibt spekulativ.
„Der PowerPoint-break even bezeichnet den Punkt, wo der notwendige zusätzliche Recherche- und Analyseaufwand für den betrachtenden Entscheidungsträge für eine sachgerechte und fundierte Entscheidung den Nutzen aus Komplexitätsreduktion in der Darstellung erreicht.“ (Thies Lesch, 2022)
Auch wenn es aus der Mode gekommen ist: Office-Software (jeden Herstellers) besteht nicht nur aus einer Präsentationslösung, sondern auch aus Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Fließtexte und Tabellen habe eine hohe Berechtigung. Hinzukommt, dass jede Form der straffenden Darstellung immer von Sicht, Erfahrung und Interessen des Verfassers geleitet sind – und dies beabsichtigt, wie unbeabsichtigt.
Es dürfte in vielen Fällen – womöglich sogar in den Meisten – ungeeignet sind, wichtige Entscheidungen lediglich auf Basis von Zusammenfassungen zu treffen. Die eigene Befassung mit dem Sachverhalt ist ein (wichtiger) Teil der Verantwortung! Und auch, wenn wir nicht immer zu den Sternen fliegen wollen, darf Arbeit nicht zur reinen Meta-Arbeit verkommen!