
Gerade jetzt in der Sommerzeit gibt es eine Vielzahl von Buchempfehlungen, gern auch als Urlaubslektüre gemeint. Das „Problem“ bei vielen Sachbüchern ist jedoch, dass 80 % des relevanten Inhaltes sich auf 20 % der Seiten verbergen. (PS: Viele Grüße an Vilfredo Pareto). Jetzt weiß man natürlich nicht, welche 20 % der Seiten die Entscheidenden sind, und so liest man das ganze Buch.
So hat es der Verfasser ja wohl auch gemeint. Allerdings schleicht sich deshalb auch gern im zügigen Lesen eine gewisse Oberflächlichkeit ein. Das gern überlesener oder schnell wieder vergessene literarische Beiwerk bietet jedoch regelmäßig die gedankliche Heranführung und konzeptionelle Einbettung des „relevanten Inhaltes“, ist also so etwas wie ein Beipackzettel.
Daher finde ich es wichtig, sich die Zeit und die notwendige Aufmerksamkeit für den eigentlichen Content zu nehmen. Also nicht nur zu lesen und verstehen, sondern auch die Gedanken nachzuvollziehen.
Aus diesem Grund werde ich kein Buch empfehlen, sondern drei Aufsätze.
Idealerweise gibt es dazu einen Lesepartner, mit dem man den gelesenen Aufsatz diskutieren kann. Und erst nach ausführlichem Gespräch wird dann der nächste Aufsatz gelesen.
Hier folgen die Aufsätze:
Spieltheorie (John von Neumann): Theory of Games and Economic Behavior (Buch!)
Aufsatz: Die konzeptionellen Grundlagen der Spieltheorie einst und jetzt (Selten, Reinhard (2001) : Die konzeptionellen Grundlagen der Spieltheorie einst und jetzt, Bonn Econ Discussion Papers, No. 2/2001, University of Bonn, Bonn Graduate School of Economics (BGSE), Bonn)
Im Kern geht es in der Spieltheorie um die Berücksichtigung des Verhaltens bzw. der Strategie eines anderen auf das eigene Verhalten bzw. die eigene zu wählende Strategie
Principal Agent Theory (Michael Jensen): Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs and Ownership Structure (Michael C. Jensen, A THEORY OF THE FIRM: GOVERNANCE, RESIDUAL CLAIMS AND ORGANIZATIONAL FORMS, Harvard University Press, December 2000, Journal of Financial Economics (JFE), Vol. 3, No. 4, 1976
Die Principal Agent Theorie beschreibt die auftretenden Probleme zwischen Principal (z.B. Anteilseigner) und (dem beauftragten) Agent (z.B. angestellter Geschäftsführer): Adverse Selektion (siehe auch Akerlof dazu), Moral Hazard („sittliche Gefährdung“) und Hold-up (unvollständige Informationen bzw. unvollständige Verträge)
The Market for „Lemons“: Quality Uncertainty and the Market Mechanism (George A. Akerlof):(The Quarterly Journal of Economics, Vol. 84, No. 3. (Aug., 1970), pp. 488-500)
Akerlof beschreibt am Beispiel von Gebrauchtwagen, wie unvollständige Information (Beurteilung des Gebrauchtwagen durch den Käufer) auf eine sinkende Preisbereitschaft wirkt und dies einen Anreiz auf den Anbieter bietet, die Qualität auf die Preisbereitschaft hin abzusenken – mit der Gefahr eine entsprechende Abwärtsspirale auszulösen.
Warum habe ich diese drei Aufsätze ausgewählt? Nun, die Wirtschaftswissenschaften stellen bei der Berücksichtigung von Entscheidungen oftmals entweder auf den Homo oeconomicus ab, auf statistische Verteilungen oder Trendkurven. Diese drei Aufsätze befassen sich mit individuellen Entscheidungen von einzelnen im Kontext von Wettbewerb, Beauftragung und Vertrauen. Ich glaube, dass sich hierdurch viele relevante Sachverhalte im geschäftlichen Alltag deutlich besser verstehen lassen.
Viel Freude bei der Lektüre, noch mehr Freude bei der Diskussion mit dem Lesepartner und vollendetes Glück bei Entdeckung im Alltag!