Historischer Kontext des Bankgeschäfts
- Das Bankgeschäft entwickelte sich aus der reinen Einlagenbeschaffung und der Verzinsung von Depositen.
- Der klassische Immobilienkredit (Hypothekenrecht) sowie der Zahlungsverkehr (technikgetrieben) und Ratenkredite für Konsum (späte Entwicklung, inspiriert durch Ausland und Firmenfinanzierung) ergänzten das Angebot.
- Das Firmenkundengeschäft entstand ursprünglich als Spezialisierung aus dem Privatkundengeschäft.
Die Dominanz der Immobilienfinanzierung
- Regionalbanken konzentrieren sich traditionell stark auf die Immobilienfinanzierung, die attraktive Volumina, lange Laufzeiten, hohe Erträge und geringe Bearbeitungskosten bietet.
- Dieses Geschäft wird als „Schranksteher“-Geschäft bezeichnet: Akten werden nach Bearbeitung abgelegt und im Idealfall nie wieder benötigt.
Das Problem der Kundenbindung im „Schranksteher“-Modell
- Eine Immobilienfinanzierung ist eine wichtige Lebens- oder Unternehmensentscheidung und schafft zunächst eine hohe Kundenbindung.
- Sobald das Problem gelöst ist, verfliegt diese Bindung jedoch schnell, da es keine regelmäßigen Anknüpfungspunkte („Anfasser“) gibt.
- Der Kunde ist vertraglich „gebunden“, fühlt sich aber nicht mehr „verbunden“.
- Dieses Abflachen der Beziehung wird oft zu spät bemerkt .
Steuerung und Ressourcenallokation in Banken
- Die Vertriebssteuerung ist typischerweise stark an der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ausgerichtet, was größere Geschäfte mit hohen Deckungsbeiträgen begünstigt.
- Dies führt dazu, dass Ressourcen (Personal, IT, Budgets) primär dem als lukrativ empfundenen Kerngeschäft (Immobilienfinanzierung) zugewiesen werden.
- Andere Angebotsbestandteile oder proaktive Kundenpflege werden dadurch vernachlässigt oder reaktiv positioniert.
Herausforderungen im Firmenkundengeschäft
- Auch im Firmenkundengeschäft stehen oft Immobilien als Sicherheit im Fokus, was zu einer ähnlichen „Schranksteher“-Mentalität führt.
- Ein solch reaktives Vorgehen ist für anspruchsvolle Firmenkunden unzureichend.
- Erfolgreiche Firmenkundenbetreuung erfordert:
- Berührungspunkte: Das Tagesgeschäft des Kunden verstehen und Nähe aufbauen.
- Problemlösungskompetenz: Mehrwerte schaffen, indem Kundenherausforderungen aktiv beseitigt werden.
- Perspektivwechsel: Mit dem Kunden mitdenken und dadurch Vertrauen aufbauen.
- Diese zusätzliche Arbeit ist oft nicht direkt in der GuV-Steuerung abgebildet und wird von der Organisation nicht immer unterstützt. Trotzdem wird sie vom Kunden wahrgenommen und stärkt die Bindung an die betreuende Person.
Die Bedeutung des Kundenbetreuers und kontinuierlicher Beziehungsarbeit
- Kundenbindung muss ständig gelebt und erneuert werden. Einmalige Großtransaktionen reichen nicht aus.
- Alltägliche Bankdienstleistungen (Kreditkarten, Überweisungen, Wertpapieranlagen) oft „Me-Too“-Produkte oder reine „Hygienefaktoren“ (z.B. Zahlungsverkehr), die kaum Differenzierung bieten und schnell aus der Wahrnehmung des Kunden verschwinden.
- Die Persönlichkeit und der Einsatz des Key Accounters sind die entscheidenden Kriterien für den Aufbau und Erhalt der Kundenbindung.
- Dies erfordert marktgerechte Konditionen und eine Strategie, die nicht primär auf Effizienzmaximierung und Aufwandsminimierung abzielt, sondern auf den Aufbau tiefer Kundenbeziehungen.
- Jedes Mal, wenn eine Akte „in den Schrank gestellt“ wird, ist dies eine verpasste Gelegenheit zur Kundenansprache.
- Die „Akte will raus in die Freiheit“.
