Über die Ethik des Verkaufens

Ist verkaufen eigentlich unanständig? Ich erlebe immer wieder zwei Arten von – sagen wir mal – Grenzwahrnehmungen: auf der einen Seite den agressiven Drücker, den man gern auch mal am Telefon hat und nicht so recht wieder los wird. Und auf der anderen Seite die aufopferungsvolle Beratung, die immer weitere Ideen und Kollegen hinzuzieht und scheinbar darauf hofft, der der Kunde erlöst in dem er das Schauspiel unterbricht – und kauft.

Es mag also durchaus sein, dass manche Menschen Vorbehalte gegen das Verkaufen haben. Dies dürfte sich aus den soeben skizzierten Grenzwahrnehmungen speisen. Die eine Seite verhält sich unethisch, ist agressiv und hält den Kunden für unmündiges Konsumvieh und die andere Seite will sich davon distanzieren, reinwaschen und gibt dafür Verantwortung und Führung ab.

Halten wir fest: wir haben sein einigen Jahrzehnten einen Käufermarkt, d.h. es herrscht ein Überangebot und eine Überauswahl für fast alle Produkte und Dienstleistungen. Es geht nicht mehr nur um die ersten Stufen der Maslow-Pyramide: Sicherheit und Nahrung. Marketing und Verkauf ist eine wesentliche Funktion und damit wesentlicher Teil der Existenz von Unternehmen in der heutigen Zeit. Ich muss verkaufen können und ich muss verkaufen wollen, um zu überleben – und um eine Berechtigung zu haben in diesem Markt zu existieren.

Damit kann der Verkauf für sich genommen weder ethisch noch unethisch sein. Er ist Teil des Geschäftslebens und der sozialen Gepflogenheiten einer Kultur. Der Anstand liegt im Wertebild des Unternehmens, seiner Kultur – aber vor allem in der handelnden Person des Verkäufers. Er kann unanständig sein – der Verkauf selbst ist es nicht.

Jeder Kunde ist dankbar für eine gute und geführte Beratung. Das Ziel muss der Abschluss sein, auch für den Kunden – er will ja (s)ein Problem lösen. Aber Führung und Druck sind zwei Paar Schuhe; gleiches gilt für Offenheit und falsche Versprechen. Auch hier gilt die goldene Regel: behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst. Daran kann nichts falsch sein.

Möglicherweise entspringt ein Vorbehalt gegen Verkaufen und Verkäufer der gleichen Quelle der Vorbehalte gegen Führung.

Veröffentlicht von Thies Lesch, LL.M.

Thies Lesch (Baujahr 1972) studierte, nach Bankausbildung und Weiterbildung zum Handelsfachwirt, Betriebswirtschaft an der Fernuniversität in Hagen und schloss mit den Vertiefungen Bankbetriebslehre und Wirtschaftsinformatik als Diplom-Kaufmann ab. Mit einigen Jahren Abstand folgte in 2016 der Master of Laws in Wirtschaftsrecht an der Hamburger Fernhochschule HFH mit den Vertiefungsschwerpunkten Arbeitsrecht, Mediation und – als Abschlussthema – Kreditrecht. Die Masterarbeit „Negative Zinsen und das Kreditgeschäft: Rechtliche Herausforderungen für Banken in Deutschland“ wurde vom SpringerGabler-Verlag in das BestMasters-Programm aufgenommen und erschien im Januar 2017 als Fachbuch. Die über 25 Jahre Berufserfahrung erstrecken sich in verschiedenen Rollen und (Führungs-)Funktionen weitgehend auf das Firmenkunden(kredit)geschäft und nationale wie internationale Spezial-/Projektfinanzierungen. Thies Lesch ist ein ausgewiesener Experte in Vertriebsmanagement und Vertriebssteuerung mit ausgeprägter strategischer Kompetenz und hohen Change-Management-Skills. Sein Interesse gilt der Systematisierung im Vertrieb, der potenzialorientierten Marktbearbeitung und der Zukunftsfähigkeit des Produktangebotes von Banken und Sparkassen.

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