Das Zusammenspiel von Einstellung und Außenwirkung

In Verkaufsschulungen hört man häufiger Sprüche wie: „Wer selbst nicht für etwas brennt, kann andere nicht entzünden!“ Dies mag für die einen eher kryptisch klingen, für andere ist es wahrscheinlich ein „No-brainer“.

Natürlich stimmt es, dass man selbst von etwas überzeugt sein sollte oder muss, damit man es glaubwürdig und kompetent – und damit letztendlich auch erfolgreich – verkaufen kann. Aber das meine ich nicht bzw. nicht nur. Mir geht es darum, dass eine Einstellung auf der einen Seite unsere Gedanken leitet und wir auf der anderen Seite eine Einstellung auch nicht konstant und erfolgreich verbergen können.

Folgende Beispiele:

„Meine Kollegen sind alle Idioten!“

Dieser Glaubenssatz mag nicht zwingend ein Einzelfall im deutschen Erwerbsleben sein, aber wenn ein Verkäufer dies ernsthaft glaubt, kann er bei aller Erziehung und Disziplin den Laden als Ganzes, das heißt die Organisation, nicht vernünftig und vor allem nicht glaubwürdig verkaufen. Möglicherweise ist dieser Verkäufer so gut, dass er es schafft beim Kunden sämtliche Aufmerksamkeit (und dies schließt die gesamte Erwartungshaltung auch auf die auf die After Sales-Phase mit ein) auf sich zu ziehen, aber am Ende werden seine Körperhaltung und seine Gesten ihn verraten. Dieses wenig konsistente Verhalten wird den Kunden irritieren.

Was soll der Kunde denn glauben? Der Kunde muss ein für sich nicht stimmiges Bild auflösen: entweder sein Gegenüber am Verhandlungstisch ist nicht teamfähig oder das Unternehmen, der Anbieter ist nicht verlässlich, nicht vertrauenswürdig, nicht gut, …

„Ich brauche diesen Abschluss unbedingt!“

Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass ich von vornherein einer größeren Bereitschaft von Zugeständnissen in einer Verhandlung gehe – und nichts anderes ist ein Verkaufsgespräch, wenn ich unbedingt einen Abschluss erreichen will. Dann geht es nicht mehr um das wie, sondern nur noch um das Ob.

Zur Erdung empfehle ich sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass man über den Preis des Produktes auch sich selbst als Verkäufer und die erbrachte Beratungsleistung verkauft. Meine Gedanken dazu finden Sie hier: Leistung hat einen (=Ihren!) Preis

Hinzu kommt, dass in einem so ausgelegten Gespräch der Level an Aufregung und Anspannung bei dem Verkäufer überdurchschnittlich hoch sein dürften. Hinzu kommt eine große Gefahr der Anpassung an Persönlichkeit und Meinung, bis ins Unvernünftige hinein, um eine möglichst große Übereinstimmung zu dem potentiellen Käufer herzustellen und so (hoffentlich) eine Bestätigung zu bekommen.

Zu Mythos und Erfolg im Vertrieb hatte schon einmal meine Gedanken niedergelegt: Erfolg im Vertrieb als Mythos.

Das waren bis hierhin jetzt Negativbeispiele und ich möchte diese auch nicht als den erhobenen Zeigefinger verstanden wissen. Natürlich geht Einstellung und Außenwirkung auch im Positiven, bzw. man kann durch eine gezielte Arbeit an der eigenen Einstellung auch positive Wirkungen erzielen.

„Ich freue mich auf meine Kunden!“

Es ist heute oftmals so (eigentlich schon seit Jahren, „gefühlt“ ist es jedoch immer stärker der Fall), dass die Schreibtische mehr als nur voll sind. Alle haben viel zu tun und es besteht so die Gefahr, jeden unerwarteten Kontakt als Unterbrechung zu empfinden. Egal wie freundlich sie den Kunden begrüßen, er wird in dem ersten Sekundenbruchteil spüren, ob er stört oder nicht. Deswegen ist es wichtig, sich auf die Kunden und den Kontakt zu den Kunden zu freuen. Gern im Vertrieb zu arbeiten, gern etwas zu verkaufen ist nicht zwingend mit  sich auf Kunden zu freuen gleichzusetzen. Suchen Sie sich bewusst etwas, worauf sie sich freuen und was sie sich von dem Kundenkontakt erhoffen. Das sollte etwas anderes sein, als nur der Abschluss. Es kann eine menschliche Facette sein, das kann etwas neugieriges sein, das ist egal – nur muss es von innen, von einem selbst kommen. Natürlich ist es leichter vor einem Termin etwas herauszusuchen, auf das man sich in diesem Termin wirklich freut, als für ein spontanes Telefonat. Aber vielleicht hilft allein der Gedanke, in den nächsten 5 Minuten von der lästigen Routine am Schreibtisch befreit zu sein und dass einem der Kunde dabei hilft, sich mit etwas zu beschäftigen, woran man mehr Freude findet. Und ganz ernsthaft: der Gedanke, dass mehr Kunden noch mehr Arbeit machen, gehört hier nicht hin.

„Mein Kollege XY ist der beste Spezialist für ABC!“

Ein Berater hat zwei Vorteile, wenn er auf einen Spezialistenvertrieb zurückgreifen kann. Er kann seine eigene Ressource hebeln und vor allem am Kunden dadurch mehr Kompetenz zu zeigen, denn schließlich klammert er nicht, sondern bringt den Experten für das aktuelle Problem an den Tisch. Meine Gedanken zum Spezialistenvertrieb habe ich hier: Vertrieb über Spezialisten oder Generalisten? niedergelegt.

Diese Einstellung erlaubt es eine wirklich positive Empfehlung an den Kunden zu machen und hilft gleichzeitig bei dem inneren Gefühl des Loslassens. Es ist ganz natürlich, dass man sich mit seinen Kunden identifiziert und daher ein großes Interesse an einer langanhaltenden Geschäftsbeziehung entwickelt. Dieses natürliche Gefühl steht einem Hinzuziehen von Kollegen oder einem weitervermitteln an Spezialisten (oftmals) im Wege. Der genetische Reflex ist das Klammern. Das macht es umso wichtiger, eine gute und vor allem positive Einstellung zu seinen Kooperationspartnern zu unterhalten, denn sonst wird aus einem Empfehlungsbonus ein Mühlstein um den Hals des Kunden. Wie das ausgehen kann, kann sich sicherlich jeder selbst ausmalen.

Mit diesen vier Beispielen geht es explizit nicht um Gehirnwäsche oder Autosuggestion. Das ist kein Psychospiel, sondern es geht um „ehrlich“ gefühlte Empfindungen und Gedanken, kurz um die richtige Einstellung zu den Dingen.

Es geht auch darum Dinge nicht einfach hinzunehmen. Vielmehr sollte jeder an seiner Einstellung arbeiten, gezielt Hürden und Probleme angehen, wenn sich die gewünschte oder auch die notwendige Einstellung nicht materialisiert.

Wenn ich im letzten Beispiel den Produktspezialisten nicht empfehlen kann, dann muss ich daran arbeiten!

  • Kennen wir uns gut genug?
  • Brauchen wir einen gemeinsamen Testkunden, um uns anzunähern?
  • Brauchen wir eine gemeinsame Schulung oder ein gemeinsam Workshop?
  • Haben wir ein Problem mit dem gegenseitigen Vertrauen?
  • Weiß ich genug von dem, was er tatsächlich macht?

Ich finde es immer hilfreich, sich Dinge aufzuschreiben. Nicht, weil man so vergesslich ist, sondern weil man den inneren Schweinehund in Schach halten muss. Also ist es eine gute Idee, aufzuschreiben zu welchem Thema, zu welcher Frage ich welche Einstellung benötige (und haben will), um über eine konsistente Außenwirkung erfolgreicher zu sein.

Sobald das aufgeschrieben ist, kann man leichter daran arbeiten!

Veröffentlicht von Thies Lesch, LL.M.

Thies Lesch (Baujahr 1972) studierte, nach Bankausbildung und Weiterbildung zum Handelsfachwirt, Betriebswirtschaft an der Fernuniversität in Hagen und schloss mit den Vertiefungen Bankbetriebslehre und Wirtschaftsinformatik als Diplom-Kaufmann ab. Mit einigen Jahren Abstand folgte in 2016 der Master of Laws in Wirtschaftsrecht an der Hamburger Fernhochschule HFH mit den Vertiefungsschwerpunkten Arbeitsrecht, Mediation und – als Abschlussthema – Kreditrecht. Die Masterarbeit „Negative Zinsen und das Kreditgeschäft: Rechtliche Herausforderungen für Banken in Deutschland“ wurde vom SpringerGabler-Verlag in das BestMasters-Programm aufgenommen und erschien im Januar 2017 als Fachbuch. Die über 25 Jahre Berufserfahrung erstrecken sich in verschiedenen Rollen und (Führungs-)Funktionen weitgehend auf das Firmenkunden(kredit)geschäft und nationale wie internationale Spezial-/Projektfinanzierungen. Thies Lesch ist ein ausgewiesener Experte in Vertriebsmanagement und Vertriebssteuerung mit ausgeprägter strategischer Kompetenz und hohen Change-Management-Skills. Sein Interesse gilt der Systematisierung im Vertrieb, der potenzialorientierten Marktbearbeitung und der Zukunftsfähigkeit des Produktangebotes von Banken und Sparkassen.

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