
Das Firmenkundengeschäft in Banken und Sparkassen ist ein wesentlicher Ertragsbringer für die meisten Häuser. Es wird als Individualgeschäft betrieben, um den unterschiedlichen Kunden und Kundengruppen möglichst passgenau mit dem entsprechenden Angebot gegenüberzutreten. Es erfolgreich zu bestreiten ist hoch anspruchsvoll und es zeichnet sich zudem durch eine hohe und weiter steigende Komplexität aus. Aus diesen Gründen genießt das Firmenkundengeschäft aus Sicht der Banken und Sparkassen eine hohe Aufmerksamkeit und eine hohe Kritikalität: die Erwartungen an das Geschäft sind bereits hoch und dennoch bleibt es auch Hoffnungsträger für die Zukunft. Aufgrund dieser hohen Komplexität im Spannungsfeld aus Kundenbedürfnissen, Produktangebot, Ertragserfordernissen, Wettbewerb und Spezialisten gab es in der Vergangenheit wenig Ansätze eine dedizierte Vertriebssteuerung für das Geschäft zu installieren. Solange die Erträge stimmen, musste man nicht genauer hinschauen. Das Problem ist, dass eine reine Ertragssteuerung lediglich den Blick in den Rückspiegel darstellt. Ich sehe also nicht, dass es nicht stimmt, sondern dass es nicht gestimmt hat. Hier muss die Vertriebssteuerung ansetzen, sie muss sich auf die Zukunft und insbesondere auf die Gegenwart konzentrieren. Hier sind sowohl langer Atem, als auch Einbindung der Betroffenen gefordert, denn schließlich sind sie es gewohnt nicht gesteuert zu werden. Insofern steht, sofern man es verändert, ein Kulturwandel bevor.
Eine andere Perspektive auf das Thema entsteht, wenn man sich den Arbeitsplatz des Firmenkundenbetreuers anschaut. Er ist der Betroffene der ständig angestiegenen und weiter ansteigenden Komplexität am Arbeitsplatz. Durch steigende Arbeitsteilung und Spezialisierung ist die Zahl der Ansprechpartner mit denen er zu kommunizieren hat, um im Sinne seines Kunden zu agieren ständig gestiegen. Das Produktangebot wurde laufend erweitert, sowohl durch neue Produkte als auch durch eine Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung der bestehenden Produkte. Nicht zuletzt muss auch für den Betreuer das Thema Regulatorik angeführt werden. Und da sind KYC, MiFID II und DSGVO nur die prominentesten Vertreter.
Sein tägliches Problem ist, dass der Firmenkundenbetreuer oft nicht weiß, was er zuerst oder was er zuletzt tun soll – und dabei gleichzeitig auch noch seine Kunden exzellent zu bedienen. Gefühlt bleibt für ihn irgendetwas immer auf der Strecke.
Hinzu kommt, dass er oftmals auch Ziele erfüllen soll, die sich nicht gegenseitig unterstützen bzw. die möglicherweise sogar im Widerspruch zueinanderstehen. So ist es nicht unüblich steigende Zinserträge bei gleichzeitig geringerem Eigenkapitaleinsatz auf seinem Portfolio zu verlangen.
Der Wunsch eines Firmenkundenbetreuers wird es doch sein, seinen eigenen Arbeitsplatz so zu organisieren, er in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit die Themen die er zu bearbeiten hat richtig priorisiert (und dann umsetzt) und über das er dokumentieren kann, dass er genau dieses getan hat.
Die erste und damit zentrale Aufgabe der Vertriebssteuerung im Firmenkundengeschäft ist es, die Selbststeuerungskompetenz für den Firmenkundenbetreuer so zu erhöhen, dass er für sich die Orientierung bekommt, die er benötigt.
Siehe auch: Stärkung der Selbststeuerungskompetenz im Vertrieb
Damit dies gelingt, ist das eigentliche Instrument nur ein kleiner Baustein. Viel wesentlicher ist es, dass die gesamte Vertriebssteuerung in dem Geschäftsfeld nach der gleichen Logik funktioniert. Jeder Betreuer und jede dazugehörige Führungskraft, in jeder darüber liegenden Berichtsebene steuert nach den gleichen KPI und den gleichen Spielregeln. Eine einheitliche Vertriebssteuerung, die von allen gleichermaßen verbindlich und stringent genutzt wird.
Denn erst wenn sich alle daran halten, wird der Firmenkundenbetreuer wissen, dass sein Chef wirklich auf den gleichen Dinge achtet wie er und gleichzeitig wird auch erst sein Chef dann wissen, dass sein Mitarbeiter an denen Dingen wirklich arbeitet, auf die er achtet.
Also: keine einheitliche Steuerung ohne echte Selbststeuerung.
Um die Perspektiven der Vertriebssteuerung von dem Blick zurück auf die Gegenwart zu lenken ist es notwendig, die Aufmerksamkeit von den Erträgen auf die Aktivitäten zu lenken. Aktivitäten im Vertrieb, die dazu geeignet sind Beträge in der Zukunft entstehen zu lassen. Der Blick in die Zukunft ist der Blick in die Planung. Allerdings muss auch diese Planung in Aktivitäten übersetzt worden sein. Denn nur so kann ich (mit weniger Interpretationsspielraum) erkennen, ob auf Basis des bisherigen Aktivitätenniveaus die Planung erreicht werden kann.
Typischerweise bildet damit ein CRM-System den Rahmen für die gesamte Vertriebssteuerung. In dem CRM-System bilde ich die Kundenverbindungen ab, die zuständigen Betreuer, getätigten Geschäfte, die gemachten Erträge, aber auch Kontaktvermerke, Termine, Ereignisse und Aktivitäten.
Wichtig sind die Spielregeln, die verbindlich vereinbart werden, um die Vertriebssteuerung auf Basis des CRM-Systems zu implementieren.
Der erste Baustein, der zu regeln ist, dreht sich um das Kundenmanagement: welche Rollen gibt es, am Kunden oder für den Kunden tätig sind. Diese Rollen sind mit ihren Aufgaben und Zuständigkeiten klar und überschneidungsfrei zueinander abzugrenzen. Welche Kundensegmentierung gibt es, d.h. nach welchen Regeln sind Kundenbeziehungen zu priorisieren und wie hat ein Betreuer seinen Ressourceneinsatz auf seine Kunden bzw. Kundensegmente aufzuteilen. Und nicht zuletzt, wer pflegt verbindlich welche Daten.
Da wir bei einem CRM-System nicht über ein juristisches bestandsführendes System einer Bank oder Sparkasse sprechen und in der Vertriebssteuerung eben auf die Gegenwart bzw. die Zukunft schauen, ist technisch gesprochen die Weiterarbeit am Kunden ohne Datenpflege möglich. Erst wenn es ein Vertrag wird, müssen alle zähneknirschend ran. Insofern ist es für die Vertriebssteuerung unablässig, dass sich jeder an die vereinbarten Spielregeln hält und dazu gehört auch die entsprechende und vor allem aktuelle Pflege der verabredeten Informationen. (Natürlich ist es sinnvoll, die Zuständigkeit möglichst verursachungsgerecht aufzuteilen bzw. wo es geht Datenzulieferungen zu automatisieren.)
Der nächste Baustein dreht sich um den Produktvertrieb. Damit sind alle Produkte gemeint, die der Firmenkundenbetreuer nicht selbst verkauft, d.h. für die er Spezialisten zur Verfügung hat. Ein Stück weit folgt dies der Rollendefinition aus dem ersten Baustein. Es muss verbindlich geregelt sein, wie das Zusammenspiel zwischen dem Firmenkundenbetreuer und dem Spezialisten zu laufen hat. Wie eigenständig agiert ein Spezialist – nur reaktiv oder mit eigenem Vertriebsauftrag? Wann wird der Spezialist eingebunden, wie priorisiert ein Spezialist seine Ressourcen, wenn beispielsweise zwei Kundenbetreuer auf ihn zukommen? Welche Durchgriffsmöglichkeiten hat ein Spezialist, wenn ein FKB ihn nicht mit zum Kunden lassen möchte? Viele dieser Fragen kann man unterschiedlich beantworten, aber erst wenn man es getan hat wissen die Beteiligten, woran sie sind.
Recht zentral wird der Baustein sein, der sich auf den Umgang mit den Aktivitäten stürzt, die sich auf das Neugeschäft richten. Im Kreditgeschäft spricht man hierbei üblicherweise von einer Pipeline. Dieser Gedanke lässt sich natürlich auch auf andere Produkte übertragen.
Es hat sich in der Praxis bewährt, die einzelnen Aktivitäten der Pipeline mit einem Status zu versehen. Dieser Status sollte aus einer vordefinierten Reihenfolge von Meilensteinen abgeleitet sein, so dass aus dem Status implizit sowohl der Reifegrad eines Geschäftes und damit auch die letztliche Abschlusswahrscheinlichkeit am Kunden abgeleitet werden können. Diese Pipeline macht nicht nur Aktivitäten sichtbar, sondern sie dient auch der Priorisierung von Ressourcen (sowohl im Vertrieb, als auch in der Marktfolge) und sie unterstützt durch ihre Sichtbarkeit beim schlichten „dranbleiben“, also dem internen und externen Vorantreiben der Transaktion.
Der vierte Baustein der Vertriebssteuerung, After Sales, befasst sich damit, wie Erfolg sichtbar gemacht wird, wie das Geschäft bewertet wird und wie eine Geschäftsbeziehung bewertet wird. Hier kommt also wieder der Blick in den Rückspiegel, aber nur ein Kleiner. Es ist eher der prüfende Blick, dass die Aktivitäten auch den erwarteten Erfolg gebracht haben. Welche Maßnahmen zur Optimierung leiten sich aus Sicht eines FKB für die Zukunft ab? Auch Kundenzufriedenheitsbefragungen und andere Marktforschung gehört in diesen Block.
Dieses Modell der Vertriebssteuerung auf Basis eines CRM-Systems wird eingebettet durch eine Planung, wie vorstehend schon skizziert. Die Planung der einzelnen Kunden (nicht auf Portfolioebene!) wird gemeinsam zwischen allen am Kunden beteiligten oder zu beteiligenden Rollen durchgeführt und in Aktivitäten übersetzt. Diese durchzuführenden Aktivitäten werden sowohl den Personen zugeordnet, die diese Aktivitäten zu erledigen haben, als auch dem Kunden, für den diese Aktivität geplant wird. Erst durch diese Präzisierung wird die notwendige Verbindlichkeit sichergestellt.
Der Planungsprozess hat natürlich eine gewisse Komplexität weil für so viele Kunden so viele verschiedene Rollen einzubinden sind. Hier bietet es sich an, über ein separates Planungstool, z.B. auf Basis von MSExcel oder MSAccess, eine eigenständige und parallele Planung aller zu ermöglichen. Über festzulegende Kriterien können in die Kunden bzw. die Planungsvorgänge identifiziert werden, über die noch einmal separat in einem persönlichen Gespräch oder in einer Telefonkonferenz zu sprechen ist. Im Idealbild plant jeweils derjenige die Aktivitäten, die er auch selber umsetzen wird. Es werden so keine Schecks zulasten Dritter ausgestellt und es entsteht durch den Planenden ein entsprechendes Commitment. (Die Realität zeigt allerdings auch, dass oftmals mehrere Planungsrunden notwendig sind, um im Zielkorridor zu landen. Die Gefahr ist, dass planen und geplant werden ein wenig vermischt werden. Hier ist es dann umso wichtiger, dass diese Kunden dann auch noch mal mit den Beteiligten besprochen werden, umso die notwendige Akzeptanz für die Planung zu erhalten.)
Für die vorstehend skizzierten Bausteine sind jeweils KPIs zu finden und festzulegen. Idealerweise lediglich ein KPI pro Baustein, sodass das System der Vertriebssteuerung mit 4 KPIs auskommt. Die Versuchung ist groß, mehr KPIs für mehr Präzision hinzu zu nehmen, aber wie so oft im Leben ist manchmal weniger mehr – daher sollte man ernsthaft versuchen sich mit 5 oder 6 KPIs zu begnügen.
Diese KPIs haben für den einzelnen Firmenkundenbetreuer und seine Selbststeuerung möglicherweise noch nicht die allergrößte Relevanz, aber über diese KPIs erfolgt die Verdichtung über die Hierarchie nach oben. Hierdurch wird sichergestellt, dass sich das gesamte Geschäftsfeld in der vereinbarten Logik der Vertriebssteuerung bewegt und denkt, und der FKB kann seinen Beitrag zu diesen KPI für sich erkennen und ableiten.
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