
von Thies Lesch
Mit einer Segmentierung von Kunden (A/B/C/D o.ä.) haben wir uns alle schon intensiv beschäftigt. Teilweise basieren diese auf harten Kriterien, teilweise auch auf subjektiven Einschätzungen. Im Kern geht es jeweils darum, mit welchen Kunden der Mitarbeiter im Vertrieb seine knappe Ressource „Zeit“ teilen soll. (Manches Mal erweitert um Wachstums- und/oder Trennungsstrategien.)
Na klar, spielt es eine Rolle, ob ich lieber Kunden behalten oder abgeben möchte, wie ich meine Bewertungsspielräume nutze. Allerdings sollte nicht allein auf die Gegenwart der Geschäftsbeziehung fokussiert werden, sondern auch die mögliche oder gewünschte Zukunft berücksichtigt werden. Es ist wichtig, einen langfristigen Blickwinkel zu haben und die Entwicklung der Geschäftsbeziehung und die potenziellen Entwicklungen in der Branche zu berücksichtigen, um erfolgreich zu sein und entsprechend agieren zu können. Ein starker Fokus auf die Gegenwart kann dazu führen, dass man mögliche Veränderungen und Chancen in der Zukunft übersieht.
Sollte man sich hauptsächlich auf die Betreuung von Kunden konzentrieren, mit denen man in der Vergangenheit viel Geld verdient hat, oder sollte man sich stattdessen auf die Akquisition von potenziell lukrativen Kunden in der Zukunft konzentrieren? Es ist keine Entscheidung, die man pauschal treffen kann, da es auf die individuelle Situation ankommt. Es ist wichtig, beide Aspekte zu berücksichtigen. Es ist wichtig, bestehende Kundenbeziehungen zu pflegen, um sicherzustellen, dass diese weiterhin erfolgreich bleiben. Gleichzeitig sollten Unternehmen auch die Möglichkeiten zur Gewinnung neuer Kunden und Geschäftsmöglichkeiten in Betracht ziehen, um ihr Wachstum und ihre Rentabilität auf lange Sicht sicherzustellen. Es kann sein, dass einige gute Kunden von heute auch in Zukunft gute Kunden bleiben, aber es ist auch wichtig, neue Möglichkeiten zu suchen und zu nutzen um das Geschäft aufrecht zu erhalten.
Hier sind einige Ansätze rund um Kundensegmentierung:
Kundennähe, Kundenliebe, Kundenorientierung
Die Profitabilisierung des Kundenportfolios
Daneben sollte jeder Verkäufer eine eigene Kundensegmentierung haben, die alle anderen (institutionalisierten) Kundenkategorien überstrahlt: Kunden und Patienten.
Ziel ist es, seine Zeit mit Kunden, nicht mit Patienten zuzubringen. (Der Begriff „Patient“ wird im Nachfolgenden aufgelöst und bezieht sich ausdrücklich nicht auf kranke oder anderweitig medizinisch symptomatische Personen. Der Patient in diesem Kontext appelliert an ihr (wie stark auch immer ausgeprägtes) Helfersyndrom und kostet Energie, wird aber kein/[niemals] Kunde.)
Merkmale von Kunden (nicht zwingend vollständig):
- Kunden wollen verstanden werden
- Kunden wollen vertrauen können
- Kunden wollen wahrgenommen (und wertgeschätzt) werden
- Kunden führen Gespräche auf Augenhöhe
- Kunden sind an einer Lösung für eines ihrer Probleme interessiert
- Kunden haben (grundsätzlich) Interesse an einer längerfristigen Beziehung (Stichwort: Vertrauen, Verstehen, Lösung)
Merkmale von Patienten (ebenfalls nicht abschließend):
- Patienten wollen das Problem verstehen (!), es geht nicht um die Lösung
- Patienten fordern den Berater fachlich heraus, es geht um Wettbewerb, nicht vertrauen
- Google & Co. sind wichtige Informationsquellen – denen mehr vertraut wird, als dem Berater
- Es geht dem Patienten um Bestätigung, nicht um Erkenntnisgewinn
- Patienten neigen zu chronischer Unzufriedenheit
- Patienten schaffen ein Erklärungsmodell, dass eigene Verantwortung reduziert/minimiert
Jetzt ist diese Darstellung sicherlich klarer und polarisierender, als es einem im Alltag über den Weg läuft, aber es lohnt sich, den Blick zu schärfen auf das, was das Gegenüber tatsächlich bewegt. Natürlich sind diese beiden Pole auch etwas fließend, so kann sich im Zeitablauf (oder in einer konkreten Situation) durchaus etwas verändern.
Dennoch ist es wichtig, auf die Signale zu achten und sorgfältig zu überlegen, wie und wo man Zeit und Energie investiert.