
Der Begriff der Qualität hat verschiedene zulässige Definitionen. Die traditionelle entspringt dem Latinischen (qualis) und bedeutet letztlich nur „wie beschaffen“. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat das Marketing in seinen verschiedenen Facetten schon vollbracht, dass der Begriff der Qualität mit Attributen wie „hochwertig“ belegt ist. Das stimmt aber – genau genommen – nicht: Qualität ist neutral, weder gut noch schlecht. Erst der Kontext erzeugt die Bewertung.
Im Qualitätsmanagement geht es um Produkt- und Dienstleistungseigenschaften und vor allem um die Steuerung und Kontrolle dieser Eigenschaften. Es geht also nicht darum möglichst gute Produkte zu erzeugen, sondern möglichst genau die Produkte zu erzeugen, für die die vorgesehenen Inputparameter eingesetzt werden. Also: Vermeidung von Ressourcenverschwendung (Ausschuss und Übererfüllung) und Begrenzung der Varianz im Ergebnis.
Wie kann ich es verstehen, wenn ich diesen Begriff auf die Vertriebsqualität übertragen will?
Nun, auch hier gilt: Es bedeutet nicht den objektiv bestmöglichen Vertrieb zu „erzeugen“, sondern es geht um die Vermeidung von Ressourcenverschwendung (falsche oder Leeraktivitäten) und Begrenzung der Varianz im Ergebnis. Wäre die Aufgabe nicht so hochkomplex könnte man auch einfach sagen: es geht darum einfach nur den Job / seinen Job zu machen. Aber das springt zu kurz, da der Berater in dem Spannungsfeld aus Zielvorgaben, Produktangebot seines Arbeitgebers, eigener Neigung und Stärken und den (möglichst) objektiven Bedarfen des Kunden balancieren muss.
Wenn man dies zur Kenntnis nimmt und einmal sacken lässt, dann erschliesst sich fast von selbst, dass die Vertriebsqualität in erster Linie eine Frage des Selbstmanagements im Vertrieb ist – und die Kompetenz darin besteht eine möglichst gute Balance auf hohem Niveau zu finden. (im Sinne eines Pareto-Optimum)
Hierzu hatte ich schon einige Beiträge verfasst:
Stärkung der Selbststeuerungskompetenz im Vertrieb
Stringente Vertriebssteuerung im Firmenkundengeschäft von Banken und Sparkassen
Es mag ein Blick in das Qualitätsmanagement (ISO 9001:2015) helfen, denn für das Qualitätsmanagementsystem werden folgende Faktoren als wichtig identifziert:
- Kundenorientierung
- Einbeziehung von Personen
- Beziehungsmanagement
- Prozessorientierter Ansatz
- Faktengestützte Entscheidungsfindung
- Verbesserung
- Führung
Eine Arbeit an diesen sieben Stellhebeln zahlt also unstrittig auf die Steigerung der Vertriebsqualität (in jeder Organisation) ein.
Für weitergehende Literatur empfehle ich den Flyer des TÜV Süd: Qualität auf einen Blick – Leitfaden zur ISO 9001:2015.
Kommentar #1, LinkedIn: „Inspirierender Artikel zur Vertriebsqualität. Bei der Definition orientiert an der ISO 9001 besteht die Gefahr, dass zu sehr der Blickwinkel der Organisation eingenommen wird. Im schlimmsten Fall entsteht eine „hohe“ Vertriebsqualität, die Dienstleistung als solches ist aber -aus Kundensicht- unterirdisch. Daher gilt aus meiner Sicht immer beides, an den von Ihnen genannten Stellhebeln arbeiten, gleichzeitig entscheidend ist aber nur die Meinung des Kunden (Service-/Dienstleistungs-/Produktqualität).“
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Kommentar #2, LinkedIn: „Ein interessanter Beitrag. Der Satz „Erst der Kontext erzeugt die Bewertung.“ ist m.E. sehr wichtig. Sicherlich ist hier zunächst die Bewertung des Kunden entscheidend. Er/sie bestimmt wie Vertriebsqualität definiert wird. Erst danach sind die internen Stakeholder (Vertriebscontrolling, Marketing, Finanz usw) dran …“
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Meine Antwort zu den Kommentaren #1 und #2: „Die Vertriebsqualität kann ich nur aus der Perspektive der Organisation bewerten. Das Gegenstück mit der Außenperspektive ist natürlich die Kundenzufriedenheit. Aber gerade in einer (kundenzentrierten) Organisationsform mit komplementären Produkten, substituierbaren Produkten, verschiedensten Varianten – also mit einem Wildwuchs bis Wald an Auswahl muss ich als Organisation Bank auch darauf schauen, dass dem richtigen Kunden in der richtigen Art und Weise die richtigen Produkte möglichst umfassend angeboten und verkauft werden. Es geht darum, den Vertrieb zu planen und effizient umzusetzen (Kundenauswahl, Kundenanalyse, Kundenansprache, zielgerichtete Beratung, Angebotsunterbreitung, Angebote nachfassen, Abschlüsse verstärken und einen „Cliff-Hanger“ für das nächste Thema zu setzen) – und weil ich weniger Zeit-/Prozessressourcen als Möglichkeiten zur Verfügung habe, dass Ganze in dem für die Organisation möglichen Optimum-Gleichgewicht.“
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