Wann haben Sie das letzte Mal gefragt?

Eine der größten Schwächen im Vertrieb ist, dass man dazu neigt aufzuhören zu fragen. Zumindest aufhört, die richtigen und wichtigen Fragen zu stellen. Das hat im Kern zwei Gründe: Zum einen glaubt man die Antwort zu kennen (= „die Frage ist überflüssig“) und zum anderen will man zeigen/beweisen, dass man das Gegenüber gut kennt und sich auf eben dieses Gegenüber eingestellt hat (= „die Frage ist respektlos und/oder nicht empathisch“)

Soweit so gut. Das eigentlich „tückische“ an der Angelegenheit ist, dass dies auch sehr gut unbewusst funktioniert. So wird die überwiegende Mehrheit der Kollegen im Vertrieb abstreiten oder zumindest für sich ablehnen, dass sie nicht oft genug Fragen oder zu oft die Kundenantwort in Gedanken ersetzen. (Das tue ich im Übrigen für mich auch!)

siehe auch: Leistung hat einen (=Ihren!) Preis

Trotzdem gibt es immer wieder viele Diskussionen mit Kollegen in der Tonalität: „Meine Kunden brauchen dies oder jenes nicht!“ oder „Das haben wir schon mal gemacht!“ oder oder oder. Die gedankliche Sackgasse entsteht, wenn zu der Kundenkenntnis eine mehrfache Ablehnung von bestimmten Ansätzen oder Themen hinzukommt. Die Sackgasse ist die emotionale Implikation, dass der Kunde seinen Bedarf, sein Verhalten, seine Einschätzung nicht ändern wird. Das „Nicht-Fragen“ soll vor einem weiteren „Nein“ des Kunden schützen.

siehe auch: „Scheuklappen“: ein Schwachpunkt im Bankenvertrieb

Fragen Sie morgens nach, wenn Sie den Familientisch zum Frühstück decken, wer was trinken will – oder ist es klar, wer was bekommt? Natürlich ist bei der Nahrungsaufnahme auch sehr viel Gewohnheit dabei – trotzdem ist es im Zweifel die erste Gelegenheit am Tag einmal nachzufragen. Fragen Sie offen und überlegen Sie sich vorher, ob Sie die Familie verwöhnen, gesund ernähren oder schlank durch die Vorbereitung kommen wollen – selbst, wenn am Ende immer noch die gleichen Getränkewünsche durchkommen, werden es gänzlich unterschiedliche Gespräche sein.

siehe auch: Exzellenz im Vertrieb

Den Kunden immer wieder nach seinen Bedarfen zu fragen, bedeutet weder, dass man keine eigenen Ziele verfolgen sollte noch, dass man das Wissen aus den Vorgesprächen ignorieren darf. Genau wie Beziehungen entwickeln sich auch Gespräche weiter – aber, sie müssen geführt werden.

siehe auch: Das Akzeptanz-Kanal-Modell

Veröffentlicht von Thies Lesch, LL.M.

Thies Lesch (Baujahr 1972) studierte, nach Bankausbildung und Weiterbildung zum Handelsfachwirt, Betriebswirtschaft an der Fernuniversität in Hagen und schloss mit den Vertiefungen Bankbetriebslehre und Wirtschaftsinformatik als Diplom-Kaufmann ab. Mit einigen Jahren Abstand folgte in 2016 der Master of Laws in Wirtschaftsrecht an der Hamburger Fernhochschule HFH mit den Vertiefungsschwerpunkten Arbeitsrecht, Mediation und – als Abschlussthema – Kreditrecht. Die Masterarbeit „Negative Zinsen und das Kreditgeschäft: Rechtliche Herausforderungen für Banken in Deutschland“ wurde vom SpringerGabler-Verlag in das BestMasters-Programm aufgenommen und erschien im Januar 2017 als Fachbuch. Die über 25 Jahre Berufserfahrung erstrecken sich in verschiedenen Rollen und (Führungs-)Funktionen weitgehend auf das Firmenkunden(kredit)geschäft und nationale wie internationale Spezial-/Projektfinanzierungen. Thies Lesch ist ein ausgewiesener Experte in Vertriebsmanagement und Vertriebssteuerung mit ausgeprägter strategischer Kompetenz und hohen Change-Management-Skills. Sein Interesse gilt der Systematisierung im Vertrieb, der potenzialorientierten Marktbearbeitung und der Zukunftsfähigkeit des Produktangebotes von Banken und Sparkassen.

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